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Stand 01.01.2019
1.5 Verwendung natürlicher Baustoffe
Die Auswahl an Baustoffen war in den vergangenen Jahrhunderten noch begrenzt
durch die technischen Möglichkeiten der Gewinnung und Verarbeitung und wurde auch
durch die regionale Verfügbarkeit eingeschränkt. Insbesondere seit dem Beginn der
Industrialisierung hat sich die Zahl der Baustoffe stark erweitert. Die Verfügbarkeit von
neuen Baustoffen ermöglicht Gebäudekonstruktionen, die vor wenigen Jahrhunderten
noch undenkbar waren, wie beispielsweise Glasfassaden. Zudem werden die stark
gestiegenen Anforderungen an die technischen Eigenschaften eines Gebäudes wie
Wärmeschutz, Feuchteschutz, Schallschutz und Wartungsfreiheit häufig erst durch die
Verwendung neuer Baustoffe und Konstruktionen gelöst.
Aber der Fortschritt hat auch seinen Preis. Während Gebäude in traditioneller Bauweise
oft bereits Jahrhunderte überdauert haben, ist der moderne Baubestand auch bei
kirchlichen Liegenschaften oft schon nach wenigen Jahrzehnten baufällig oder muss
sogar ganz abgerissen werden. Das Alterungsvermögen moderner Konstruktionen ist
oft deutlich schlechter. Die Bauteilzyklen sind relativ kurz. Im Sinne der Nachhaltigkeit
sollen deshalb vorrangig althergebrachte, natürliche Baustoffe eingesetzt werden, deren
lange Lebensdauer sich bereits bewährt hat. Ebenfalls aus Gründen der Nachhaltig-
keit sollte auf die Verwendung von Baustoffen geachtet werden, die ohne größeren
industriellen Aufwand und mit geringem Energieeinsatz hergestellt werden können und
regional verfügbar sind. Viele natürliche Baustoffe entsprechen gerade deshalb dem
Anspruch nach energetisch günstigen und nachhaltigen Konstruktionen. Kunststoffhaltige
Materialien haben im Vergleich zu traditionellen Baustoffen ein schlechteres Alterungsver-
halten. Es sind Materialien zu vermeiden, die nur schwer recycelbar sind oder sogar als
schadstoffhaltiger Sondermüll entsorgt werden müssten. Aus gesundheitlichen und aus
ökologischen Gründen sollen nur umweltverträgliche und zertifizierte Baustoffe verwendet
werden.
Im historischen Gebäudebestand zeigt sich, dass der nachträgliche Einsatz moderner
Baustoffe oft zu Unverträglichkeiten mit der alten Gebäudekonstruktion führt. Deswegen
sollen bei alten Gebäuden die Konstruktionen mit historisch verwendeten Materialien
ergänzt werden, was meist auch der Einheitlichkeit im Erscheinungsbild zu Gute kommt.
Aber auch bei Neubauten soll das Alterungsverhalten von Baustoffen und Baukonstruk-
tionen berücksichtigt werden. Historisch verwendete Baustoffe wie Holz, Stein und Ziegel
(gebrannter Lehm) haben nicht nur eine hohe Dauerhaftigkeit, sondern sie gewinnen ihre
ästhetische Qualität gerade durch den Alterungsprozess. Ihr Vorkommen in der Natur
führt zu einem vertrauten Bild. Durch ihren zeitlosen Charakter haben sie das Erschei-
nungsbild einheitlicher regionaler Bauweisen geprägt.
Moderne Baustoffe sind aus unserem heutigen Baugeschehen nicht mehr wegzudenken.
Aber gerade bei der Wahl von grundsätzlichen Konstruktions- und Oberflächenmateri-
alien sollte aus Gründen der Dauerhaftigkeit, der ökologischen Verträglichkeit und häufig